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Sozialministerin unterrichtet über Maßnahmen zur Stärkung von Patientensicherheit „Menschen müssen sich im Krankenhaus gut aufgehoben fühlen“

Niedersachsens Gesundheitsministerin Cornelia Rundt hat am (heutigen) Dienstag das Kabinett darüber informiert, auf welchem Wege die Sicherheit der niedersächsischen Patientinnen und Patienten gestärkt werden kann. Rundt hatte in den vergangenen Wochen und Monaten dazu zahlreiche Gespräche auf Landes- und Bundesebene geführt. Zeitgleich unterrichtete Gesundheits-Staatssekretär Jörg Röhmann den „Sonderausschuss Stärkung der Patientensicherheit und des Patientenschutzes“ des Niedersächsischen Landtags.

Es gebe zwar bereits zahlreiche Kontrollen an den Kliniken, diese seien aber ausgerichtet auf das Erkennen von Behandlungsfehlern und fehlender Wirtschaftlichkeit, sagte Rundt: Es fehle aber an einem Risikobewusstsein bezüglich kriminellen Handelns. Man müsse das Thema „kriminelles Handeln im Gesundheitswesen“ enttabuisieren, ohne Beschäftigte unter Generalverdacht zu stellen. Diese leisteten bis auf wenige Ausnahmen menschlich und fachlich hervorragende Arbeit für die Patientinnen und Patienten.

Es konnten eine Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten ausgemacht werden. So soll beispielsweise

  • die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zum Risikomanagement um Erkenntnisse aus der jüngsten Mordserie ergänzt,

  • der Informationsfluss bezüglich erfolgter Straftaten muss auch für Pflegepersonal in Kliniken aktiviert,

  • Anträge auf Ersatzberufsurkunden auch länderübergreifend kritischer geprüft,

  • die Arzneimittelsicherheit erhöht,

  • das Meldewesen verbessert und

  • erweiterte Leichenschauen zugelassen

    werden.

  • Alle Kliniken sollen Patientenfürsprecher erhalten.

Die Ministerin kündigte an, einige Maßnahmen – wie etwa der erweiterte Entzug von Berufserlaubnissen oder die klar reglementierte Ausstellung von Ersatz-Berufsurkunden – schnell umzusetzen. Andere mögliche Maßnahmen bedürfen noch weiterer Verhandlungen und nehmen daher mehr Zeit in Anspruch. Wichtig sei, dass jetzt gehandelt und der Patientenschutz in Niedersachsen gestärkt werde, sagte Cornelia Rundt. Letztlich geht es uns darum, mit allen beteiligten Gremien und Verbänden eine Allianz für Patientensicherheit zu schaffen.

Die Ministerin hatte ihre Initiative zur Stärkung der Patientensicherheit im vergangenen Dezember vor dem Hintergrund eines Gerichtsverfahrens in Oldenburg begonnen. Die dort einem seit Mai 2009 inhaftierten Krankenpfleger vorgeworfenen und zum Teil verurteilten Tötungsdelikte hatten zu einer erheblichen Verunsicherung von Bürgerinnen und Bürgern geführt. Rundt sagte, Menschen sollten sich mit einem guten Gefühl in medizinische Behandlung begeben können. Sie müssten sich im Krankenhaus sicher sein, dass dort alles für ihre Gesundheit und ihren Schutz getan werde.

Handlungsempfehlungen im Detail:

Das Sozialministerium hat in den vergangenen drei Monaten zahlreiche Gespräche zur Verbesserung der Patientensicherheit geführt, darunter mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft, der Apotheker- und der Ärztekammer Niedersachsen, dem Landesgremium zur externen Qualitätssicherung (nach § 137 SGB V), den Gesetzlichen Krankenversicherungen (vdek, AOK, BKK) und betroffenen Krankenhäusern.

Ergebnisse dieser Beratungen sind:

  1. Patientenschutz bundesweit stärken

    Seit 2014 gibt es eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zum Risikomanagement. Im Gespräch mit Rundt hat Bundesgesundheitsminister Gröhe zugesagt, im Rahmen der laufenden Aktualisierung der Richtlinie die GB-A-Mitglieder auf die Geschehnisse in Oldenburg und Delmenhorst hinzuweisen. Rundt sagte, gemeinsames Ziel ist es, dass die Verhinderung kriminellen Handelns als neuer Präventionsaspekt in die Richtlinie zum Risikomanagement aufgenommen wird. Die aktualisierte Richtlinie soll Ende des Jahres in Kraft treten. Die Ministerin hatte sich bereits in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform für die Patientensicherheit stark gemacht. Künftig sollen Kliniken, die Qualitätsmängel nicht abstellen, mit Abschlägen und letztlich der Herausnahme aus dem Krankenhausplan eines Landes rechnen müssen.

  2. Entzug der Berufserlaubnis gewährleisten

    Eine Berufserlaubnis ist nach den Berufsgesetzen der Pflegeberufe zu entziehen, wenn beispielsweise Gerichte oder Staatsanwaltschaften Straftaten melden, die an einer zuverlässigen Berufsausübung zweifeln lassen. Allerdings gilt die Nr. 26 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStrA) bisher nicht für Pflegekräfte in Krankenhäusern. Die MiStrA regelt, in welchen Fällen und in welchem Ausmaß die Strafgerichte und Staatsanwaltschaften Informationen aus laufenden und abgeschlossenen Strafverfahren an Dritte weitergeben können. Deshalb hat das niedersächsische Justizministerium einen Erlass gefertigt, der die Nr. 26 MiStrA auf den Personenkreis der Krankenpflegerinnen und –pfleger erweitert.

  3. Ausstellung von Ersatz-Berufsurkunden absichern

    Ersatzdokumente für Berufsurkunden sollen künftig im engen Austausch der Bundesländer untereinander und erst nach der Abklärung des Vorliegens von Widerrufsgründen ausgestellt werden. Dafür hat sich Ministerin Rundt in ihren Gesprächen mit Minister Gröhe eingesetzt. In Niedersachsen verlangt die hierfür zuständige Behörde ein erweitertes Führungszeugnis, ein ärztliches Attest sowie eine Erklärung darüber, dass die Berufserlaubnis nicht von einer anderen Behörde außerhalb Niedersachsens entzogen worden ist. Eine entsprechende bundesweite gesetzliche Regelung gibt es nicht und damit auch kein koordiniertes Vorgehen aller Bundesländer. Über eine Änderung der Berufsgesetze soll künftig ausgeschlossen werden, dass sich Kriminelle aufgrund mangelnden Informationsflusses eine Berufsurkunde in einem anderen Bundesland besorgen können.

  4. Arzneimittelsicherheit erhöhen

    Der Arbeitsalltag in den Krankenhäusern ist von Arbeitsverdichtung geprägt; die Ärztinnen und Ärzte nehmen sich oftmals nicht die Zeit, die Medikamentenanforderungen der Stationen detailliert zu kontrollieren. Im Gespräch mit der Ärztekammer hat die Ministerin deutlich gemacht, dass künftig das übereilte Abzeichnen von Bestellanforderungen verhindert werden müsse. Und sie hat die Apothekenkammer aufgefordert, die Arzneimittelversorgung in den Kliniken noch sicherer zu regeln. Künftig müsse für den Arzt ein schneller Abgleich möglich sein, welche Medikamente auf Station patientenbezogen verschrieben wurden und welche bestellt werden, sagte Cornelia Rundt. Differenzen fielen dann schnell auf. Die Apothekerkammer hat ebenso wie die Ärztekammer zugesagt, mit diesem Anliegen in ihre Fachgremien zu gehen und das weitere Vorgehen zurückzumelden. Dabei geht es auch um die Frage, ob interdisziplinäre Arzneimittelkommissionen in den Krankenhäusern eingeführt werden.

  5. Patientenfürsprecher an allen Kliniken einsetzen

    Das Sozialministerium bereitet die vom Landtag beschlossene Etablierung von ehrenamtlichen Patientenfürsprecherinnen und -fürsprechern an den niedersächsischen Kliniken vor. Ab 1. Juli 2015 können sich Patientinnen und Patienten an diese wenden, um Kritik oder auch konkrete Verdachtsmomente zu äußern. Ergänzend wird die Einführung eines Landesbeauftragten für Patientenschutz geprüft. Auch die Patientenfürsprecherinnen und -fürsprecher werden die Patientensicherheit im Klinikum im Blick haben.

  6. Meldesysteme und statistische Auswertung optimieren

    In gemeinsamen Sitzungen hat die Gesundheitsministerin mit den Mitgliedern des Landesgremiums für externe Qualitätssicherung (nach § 137 SGB V) über die Möglichkeit gesprochen, den Patientenschutz zu erweitern. Rundt sagte, sie sehe einen großen Handlungsbedarf nach wie vor in der Einführung von anonymen Meldesystemen in den Krankenhäusern. Es laufen noch längst nicht an allen Kliniken gut funktionierende, anonymisierte Verfahren. Sie spricht sich für Whistleblower-Systeme aus: Die Meldesysteme dürften eben nicht nur auf Behandlungsfehler, sondern müssten ebenso auf kriminelles Handeln ausgerichtet sein.

    Außerdem werde geprüft, wie die Krankenhäuser verpflichtet werden können, regelmäßige Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen einzuberufen sowie Mortalitätsstatistiken zu führen, damit untypische Todesraten schneller auffallen.

  7. Erweiterte Leichenschauen zulassen

    Bisher erfolgt – anders als bei der Obduktion – die Leichenschau durch einen Arzt nur äußerlich. Es wird nun geprüft, ob auch eine innere Leichenschau (Sektion) künftig möglich sein sollte und ob obligatorische Meldepflichten für die Leichenschau eingeführt werden sollten. Eine Blutentnahme und –untersuchung im Rahmen der Leichenschau beispielsweise könnte Anhaltspunkte für eine unnatürliche Todesursache liefern. Dazu müsste das Niedersächsische Bestattungsgesetz entsprechend geändert werden.

Presseinformationen

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.03.2015

Ansprechpartner/in:
Pressestelle der Niedersächsischen Landesregierung

Nds. Staatskanzlei
Planckstraße 2
30169 Hannover
Tel: 0511/120-6946
Fax: 0511/120-6833

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