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Landesregierung stellt Aktionsplan zur Fachkräftesicherung in Niedersachsen vor

Angesichts der Herausforderungen von Demografie, Digitalisierung und Globalisierung am Arbeitsmarkt hat die Landesregierung ihre Aktivitäten zur Fachkräftesicherung neu ausgerichtet. Unter der Leitung von Ministerpräsident Stephan Weil und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann verständigten sich Sozialministerin Carola Reimann, Wissenschaftsminister Björn Thümler sowie Kultusminister Grant Henrik Tonne dazu heute mit den Spitzenvertreterinnen und -vertretern der Arbeitsmarktpartner auf eine Erneuerung der Fachkräfteinitiative Niedersachsen.

Ministerpräsident Stephan Weil: „Der Mangel an Fachkräften zeigt sich schneller und umfassender als anfangs angenommen. Das ist auch eine Folge der außergewöhnlich guten wirtschaftlichen Entwicklung und der wachsenden Beschäftigung. In Niedersachsen wurde bereits einiges unternommen, um den Fachkräftebedarf besser abdecken zu können. Die Wirtschaft hat bei diesem Thema viel Engagement gezeigt. Auch seitens der Landesregierung wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, um beispielsweise Frauen in den verschiedenen Lebensphasen eine Berufstätigkeit zu ermöglichen. Auch über Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote sowie über Angebote für ältere Beschäftigte, länger in den Unternehmen zu bleiben, konnten Erfolge erzielt werden. Eine große Herausforderung ist die Integration Tausender geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt.“

In einem Aktionsplan wurden die für die Fachkräftesicherung relevanten strategischen Vorhaben und Aktivitäten der Landesregierung zusammengeführt und auf drei Schwerpunktfelder fokussiert. Dazu zählen die Mobilisierung der inländischen Erwerbspersonenpotenziale und die Erweiterung von Bildungspotenzialen. Ein wesentlicher Fokus der zukünftigen Aktivitäten des Landes wird aber auf der Gewinnung von ausländischen Fachkräften für die niedersächsische Wirtschaft liegen. Angesichts akuter Fachkräfteengpässe in bestimmten Branchen und Berufen werden im Rahmen der Fachkräfteinitiative künftig zudem branchen- und berufsspezifische Aspekte in den Blick genommen. Dies gilt in einem ersten Schritt für IT-Fachkräfte, Erziehungs- und Gesundheitsberufe.

Fachkräftegewinnung im Ausland

Wirtschaftsminister Bernd Althusmann: „In unserer Gesamtstrategie zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in Niedersachsen ist die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland – insbesondere auch aus Drittstaaten – ein zunehmend wichtiger werdender Baustein. Wir wollen die Chancen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes für Niedersachsen nutzen. Dafür brauchen wir vernünftige und klare rechtliche Regelungen. Die Bundesregierung hat erste Eckpunkte für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz vorgelegt und einen entsprechenden Gesetzentwurf zeitnah angekündigt. Das begrüßen wir ausdrücklich.“

Angesichts der Dringlichkeit des Themas wird die Landesregierung unter Federführung des Wirtschaftsministeriums – unabhängig von den in Aussicht genommenen gesetzlichen Änderungen – im Rahmen der Fachkräfteinitiative Unternehmen bei der Rekrutierung im Ausland unterstützen. Es ist nötig, dass qualifizierte Fachkräfte im Ausland noch einfacher von Erwerbschancen und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten in Niedersachsen erfahren. Auf Seiten der heimischen – auch der kleinen und mittleren – Unternehmen, sollte es leichter vorstellbar werden, auch Stellen mit Personen aus dem Ausland zu besetzen. Künftig sollen Unternehmen in Niedersachsen stärker von den Vermittlungsleistungen der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit profitieren. Dies gilt umso mehr für die Schwerpunktbranchen, die im Rahmen der Fachkräfteinitiative zunächst in den Fokus genommen werden sollen, darunter der IT-Bereich sowie Gesundheits- und Pflegeberufe.

IT-Fachkräfte im Branchenfokus

Auch bei der Stellenbesetzung mit IT-Fachkräften spüren die niedersächsischen Unternehmen zunehmend Engpässe auf dem Arbeitsmarkt. Die Landesregierung wird deshalb gemeinsam mit den Partnerinnen und Partnern der Fachkräfteinitiative, aber auch mit externen Fachleuten, konkrete Handlungsansätze prüfen und Maßnahmen entwickeln, um bei der Bewältigung akuter Besetzungsprobleme Hilfestellung zu leisten. Im Vordergrund steht dabei das sogenannte Matching mit Absolventinnen und Absolventen aus dem In- und Ausland. Damit die Unternehmen besser auf dem Arbeitsmarkt fündig werden, sollen unter anderem ihre Bedarfe konkreter festgestellt und eingegrenzt werden. Hierbei soll auch die neu zu gründende Digitalagentur unterstützen.

Maßnahmenbeispiel: „Smart Factory Models“ für Berufsschulen

Das Kultus- und das Wirtschaftsministerium setzen ihre Zusammenarbeit bei der Förderung der Digitalisierung in der Berufsausbildung fort. In Kürze werden die niedersächsischen Berufsschulen landesweit dazu aufgerufen, sich um Zuschüsse für die Anschaffung von „Smart Factory Models“ zu bewerben. Dabei handelt es sich um sogenannte Lernträger, die eine Industrie-4.0-Umgebung simulieren. Die Betriebe vor Ort werden bei der Entwicklung von Lernsituationen eingebunden. Die Schülerinnen und Schüler lernen interdisziplinär und praxisnah die Einsatzmöglichkeiten der Digitalisierung in ihren Berufen kennen und geben damit auch Innovationsimpulse in ihre Ausbildungsbetriebe. Das Einsatz eines „Smart Factory Models“ in der Berufsausbildung ist bundesweit einmalig. Das Wirtschaftsministerium trägt für die Finanzierung 600.000 Euro bei.

Bündnis Duale Berufsausbildung

Die duale Berufsausbildung ist das Kernelement der beruflichen Bildung. Sie ist ein Erfolgsmodell, das eine fundierte praxisbezogene Ausbildung für den mittleren Qualifikationsbereich gewährleistet und zugleich weitere berufliche Karrierewege eröffnet. Am Bündnis Duale Berufsausbildung beteiligen sich alle für die berufliche Bildung auf Landesebene relevanten Organisationen wie die Sozialpartner, Kammern, die kommunalen Spitzenverbände, die Regionaldirektion Niedersachsen/Bremen der Bundesagentur für Arbeit sowie die zuständigen Ressorts der Landesregierung. Gemeinsam sollen Handlungsempfehlungen für regional und sektoral angepasste Lösungen erarbeitet werden. Eine Reihe von Projekten und Maßnahmen wie der Ausbau der beruflichen Orientierung, der Aufbau von Jugendberufsagenturen mit rechtlichen Regelungen zum Datentransfer sowie die Sicherung der wohnortnahen Beschulung und die Anpassung des schulischen Berufseinstiegssystems konnten bereits realisiert werden und werden weiter vorangetrieben.

Kultusminister Grant Hendrik Tonne: „Auch wenn aktuell die dualen Ausbildungsverträge wieder in geringem Umfang ansteigen, bleiben Ausbildungsplätze offen. Wünschenswert ist eine ausgeglichene Balance zwischen Dualer beruflicher Bildung und Akademisierung. Das Image der beruflichen Bildung muss daher in Schulen und Elternhäusern gestärkt werden, insbesondere die Durchlässigkeit der beruflichen Bildung und ihre Karrierechancen muss deutlicher herausgestellt werden. Die Stärkung der beruflichen Orientierung hat das Bündnis Duale Berufsausbildung wesentlich vorgetrieben. Um die Zusammenarbeit der Akteure zu unterstützen und die Attraktivität und Qualität der dualen Berufsausbildung stärker zu kommunizieren, soll eine Handreichung erarbeitet werden, die konkrete Beispiele für eine gelingende Ansprache von Jugendlichen mit unterschiedlichen Voraussetzungen aufzeigt.“

Erlass zur beruflichen Orientierung

Seit dem 1. Oktober 2018 ist der neugefasste Erlass zur beruflichen Orientierung, der auch die Oberstufen der Gymnasien und IGSen einbezieht, in Kraft. Die Berufliche Orientierung (BO) umfasst damit jetzt alle allgemein bildenden Schulformen des Landes. Flächendeckend wird eine Potenzialanalyse für alle Schülerinnen und Schüler eingeführt. Durch sie erhalten Schülerinnen und Schüler Hinweise auf ihre besonderen Stärken und Interessen, aber auch auf ihre Entwicklungspotenziale. Insgesamt 1.000 Anrechnungsstunden stehen zur Entlastung der BO-Beauftragten an den Schulen zur Verfügung. Weitere 200 Anrechnungsstunden werden zum Aufbau des Unterstützungssystems „Beratung für Gymnasien und Gesamtschulen“ genutzt. Dazu wurde die Anzahl von Praxistagen neu festgelegt. Die Hauptschulen hatten darum gebeten, die Anzahl der Praxistage von 80 auf 60 zu senken, für die Gymnasien wurden die Praxistage auf 25 aufgestockt.

Kultusminister Grant Hendrik Tonne: „Das Ziel ist, allen jungen Menschen einen erfolgreichen Einstieg in das Berufsleben zu ermöglichen. Im Interesse der uns anvertrauten Schülerinnen und Schüler sollten wir gemeinsam alles daran setzen, dass sie einen Beruf finden mögen, der ihren Interessen, Potenzialen und Fähigkeiten entspricht; dass sie einen Beruf finden, der sie glücklich macht. Das hilft den jungen Menschen und der Wirtschaft, denn dadurch können auch teure Fehlentscheidungen durch Abbrüche oder unnötige Schleifen vermieden werden. Ein fortschreitender Entwicklungsprozess wie die Berufliche Orientierung kann nur zu einem Erfolg werden, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen. Dass dies gelingen wird, davon bin ich überzeugt. Wir werden den Erlass und die Umsetzung eng begleiten und genau hinschauen, ob die gewünschten Erfolge nach und nach einsetzen.“

Erzieherausbildung

Mit dem Niedersachsenplan „Mehr Fachkräfte für die Kita!“ wurden bereits eine Reihe von Maßnahmen zur zusätzlichen Fachkräftegewinnung eingeleitet. Der Quereinstieg in die Erzieherausbildung für beruflich Vorgebildete ist erleichtert, und es werden jährlich bis zu 500 zusätzliche Ausbildungsplätze für Kita-Fachkräfte geschaffen. Die Konzeption berufsbegleitender und vergüteter Ausbildungsformen mit dualisierten Ausbildungselementen ist am 1. August 2018 im Raum Braunschweig/Wolfsburg mit einem Innovationsvorhaben gestartet. Zielrichtung der Landesregierung ist es, tätigkeitsbegleitende Ausbildungsformate als Regelangebot landesweit auszubauen. Dies bietet die Chance, ohne Einbußen der Ausbildungsqualität, eine Vergütung von Anfang an zu ermöglichen. Dazu wird das Schulgeld für angehende Sozialpädagogische Assistentinnen und Assistenten sowie Erzieherinnen und Erzieher schrittweise, beginnend für die im Schuljahr 2019/20 neu beginnenden Schülerinnen und Schüler der Berufsfachschule und der Fachschule Sozialpädagogik, abgeschafft.

Kultusminister Grant Hendrik Tonne: „Mit unserem Niedersachsen-Plan ‚Mehr Fachkräfte für die Kita!‘ setzen wir bereits wichtige Akzente für die Zukunft. Die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen zeigt, dass der Beruf und die Ausbildung nach wie vor attraktiv sind. Aktuell befinden sich mehr als 14.000 Schülerinnen und Schüler in einer Ausbildung zum Erzieher beziehungsweise zur Erzieherin. Damit streben so viele junge Menschen wie nie zuvor in Niedersachsen eine Tätigkeit in Krippe, Kita und Hort an. Der Niedersachsen-Plan ‚Mehr Fachkräfte für die Kita!‘ ist ein guter Weg, um noch mehr dringend benötigte Fachkräfte zu gewinnen.“

Hintergrund:

Mit dem gemeinsamen Ziel der Fachkräftesicherung hat die Landesregierung im Jahr 2014 gemeinsam mit den Arbeitgeberverbänden, den Gewerkschaften, den Kammern, der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit, den kommunalen Spitzenverbänden und weiteren gesellschaftlichen Gruppen die Fachkräfteinitiative Niedersachsen ins Leben gerufen. In diesem Frühjahr wurde die Neuausrichtung der Fachkräfteinitiative beschlossen, um die Aktivitäten der Landesregierung zur Fachkräftesicherung stärker auf die nachfolgenden drei Schwerpunktfelder zu fokussieren:

  • Mobilisierung der inländischen Erwerbspersonenpotenziale: beispielsweise durch eine weitere Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren, verbesserte Arbeitsmarktintegration von Langzeitarbeitslosen, attraktivere Gestaltung von Berufen im Gesundheits- und Erziehungswesen.
  • Gesteuerte und qualifizierte Zuwanderung sowie Arbeitsmarktintegration aller Gruppen von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte: Dazu gehören neben der bereits praktizierten verbesserten Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse beispielsweise das aktive Anwerben ausländischer Fachkräfte in Mangelberufen und das Gewinnen von mehr ausländischen Studierenden als Fachkräfte.
  • Erweiterung von Bildungspotenzialen: beispielsweise durch die Stärkung der dualen Berufsausbildung, der betrieblichen Aus- und Fortbildung sowie des lebenslangen Lernens, Stärkung der Berufsschulen insbesondere durch bessere Versorgung mit Lehrkräften, verbesserte Beratungsstrukturen für Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher.

Weitere Informationen zur Fachkräftesicherung in Niedersachsen und zur Fachkräfteinitiative: https://www.mw.niedersachsen.de/startseite/fachkraeftesicherung/fachkraeftesicherung-146574.html


Artikel-Informationen

erstellt am:
25.10.2018

Ansprechpartner/in:
Pressestelle der Niedersächsischen Landesregierung

Nds. Staatskanzlei
Planckstraße 2
30169 Hannover
Tel: 0511/120-6946
Fax: 0511/120-6833

http://www.niedersachsen.de

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