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Ministerpräsident Weil begrüßt Bildungsstudie des DGB – Ziele des Bildungsgipfels von 2008 bislang nicht erreicht

Ministerpräsident Stephan Weil begrüßt die gestern in der Süddeutschen Zeitung vorgestellte (http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/590902/Zu-viele-Abgehaengte) Studie des Essener Bildungsforschers Klaus Klemm, die der Deutsche Gewerkschaftsbund (dgb) in Auftrag gegeben hatte. (http://www.dgb.de/themen/++co++b61391ac-964e-11e4-ad67-52540023ef1a)

Die auf dem Bildungsgipfel von 2008 für 2015 avisierten Ziele seien bislang nicht erreicht worden. So habe man zwar die Zahl der Schulabgänger ohne Schulabschluss und die der jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss reduzieren können, in beiden Bereichen seien die prozentualen Anteile aber nach wie vor deutlich zu hoch.

Ministerpräsident Weil erneuert seine bereits Ende November erhobene Aufforderung an die Bundesregierung und an seine Ministerpräsidentenkollegen nach einer gemeinsamen nationalen Bildungsstrategie.

(http://www.stk.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/initiative-fuer-eine-gesamtstaatliche-bildungsstrategie-129588.html)

„Wir sollten endlich auch die letzten Reste des in absurder Weise eine finanzielle Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich der schulischen Bildung untersagenden Kooperationsverbotes abschaffen“, sagte Weil. Bund, Länder und Kommunen müssten in Sachen Bildung an einem Strang ziehen. Das Verbalengagement sei oftmals deutlich höher als die tatsächlichen Schritte hin zu besserer Bildung im Ganztag, erklärte Weil. Alleine könnten die Länder die nach wie vor anstehenden Investitionen im schulischen und vorschulischen Bereich allerdings vor dem Hintergrund der Schuldenbremse nicht schaffen.

Hintergrund

Die Details des niedersächsischen Vorstoßes von Ende November 2014:

Gemeinsame Bildungsstrategie

Arbeits- und Lebenswelten und gesellschaftliche Rahmenbedingungen insgesamt haben sich in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend gewandelt, unser Bildungssystem aber hat diese Entwicklung in seiner Qualität und Finanzierung nicht nachvollzogen und wird den Anforderungen nicht gerecht. Zu diesem bitteren Ergebnis sind elf Experten aus den Bereichen Bildung und Soziologie, Bildungsökonomie und Bildungsrecht gekommen. Sie hatten auf Bitte von Ministerpräsident Stephan Weil und Kultusministerin Frauke Heiligenstadt eine Analyse unserer Bildungslandschaft vorgenommen und konkrete Verbesserungsschritte benannt:

Demographisch bedingt müssen zukünftig immer weniger junge Menschen die Renten für immer mehr ältere Menschen finanzieren, gleichzeitig fallen immer mehr Arbeitsplätze für gering Qualifizierte weg und der Bedarf an höher Qualifizierten nimmt zu. Das deutsche Bildungssystem aber versäumt es bislang, alle Kinder, Jugendlichen und junge Erwachsene ausreichend zu fördern und das Bildungspotential optimal auszuschöpfen.

Erforderlich seien, so die Wissenschaftler, hochwertige frühkindliche Bildungs- und Betreuungsangebote mit genug professionellem Personal, günstigen Gruppengrößen und Altersstrukturen, wirksamer Sprachförderung und einer großen zeitlichen Flexibilität der Einrichtungen. Für Kinder sozial benachteiligter Eltern müsse der Zugang zur Kindertagesbetreuung erleichtert werden, Fehlanreize wie das Betreuungsgeld müssten abgeschafft werden. Flächendeckend müssten gute Ganztagsschulen als Regelangebot eingerichtet werden. Um Chancengleichheit endlich herzustellen, müsste Bildungsarmut abgebaut und gleichzeitig Hochbegabte besser gefördert werden. All das könne nur mit einer deutlichen Verbesserung der Qualität von Lehr-Lernprozessen gelingen. Die Aus-, Fort- und Weiterbildung des pädagogischen Personals müsse daran angepasst werden. Dringend notwendig sei ein auf den Erwerb von Kompetenzen ausgerichteter Lernprozess, die individuelle Förderung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, ein besserer Umgang mit sozialer, ethnischer, kultureller und leistungsmäßiger Heterogenität und das gemeinsame Lernen von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Beendet werden müsse die schulformenbezogene Lehramtsausbildung, verbessert werden die noch nicht optimale Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und anderem pädagogischen Personal.

„Lösungskonzepte liegen auf dem Tisch und es gibt einen erstaunlich großen Konsens über die Notwendigkeit gerade dieser Maßnahmen", so Ministerpräsident Weil bei der Vorstellung des Papiers der Wissenschaftler. „Für diese und weitere sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung unseres Bildungssystems aber brauchen wir deutlich mehr als die bislang bereitgestellten Haushaltsmittel. Deutschland investiert zu wenig in Bildung, weil Ländern und Kommunen als Hauptlastenträger der Bildungsausgaben das Geld fehlt!"

Obwohl die Niedersächsische Landesregierung in den Jahren 2014 und 2015 den Haushalt für die allgemeinbildenden Schulen und die Berufsbildenden Schulen um rund 311,4 Mio. Euro gesteigert hat, gibt es noch erhebliche finanzielle Bedarfe: Wollte Niedersachsen lediglich die zentralen Reformen konsequent und auf dem geforderten hohen Niveau umsetzen, müsste das Land, so Kultusministerin Frauke Heiligenstadt, Jahr für Jahr rund 1,787 Milliarden Euro zusätzlich in die allgemeinbildenden Schulen investieren.

Ministerpräsident Weil fordert deshalb:

1. Bund, Länder und Kommunen müssen gemeinsam Anstrengungen für eine bundesweite Aufstockung der Bildungsausgaben um mindestens 20 Milliarden Euro p. a. unternehmen. Dabei muss der Bund einen größeren Anteil als bisher übernehmen, um die Länder und Kommunen zu entlasten. Die bisher durch die BAFÖG-Entlastung aufgebrachten Milliarden reichen nicht aus.

2. Zur Umsetzung der bildungspolitischen Offensive soll die Einsetzung einer föderalen Kommission „Bildung" unter Einbeziehung von Bund, Länder und Kommunen und mit wissenschaftlicher Kompetenz dienen. Dort muss ein Masterplan aufgestellt werden mit notwendigen Schritten und den dafür erforderlichen Finanzmitteln.

3. Voraussetzung für gemeinsame Finanzierung der Maßnahmen zur konsequenten Verbesserung unseres Bildungssystems ist völlige Streichung des Kooperationsverbotes aus dem Grundgesetz. Nur dann können Finanzmittel des Bundes auch etwa für die Inklusion und an anderen Stellen im Schulbereich eingesetzt werden.

4. Alternativ wäre auch eine Regelung der neu zu regelnden Finanzierungsstrukturen über Staatsverträge möglich. Die Zuständigkeit der Länder im föderalen System darf dabei jedoch nicht aufgeweicht werden, sinnvoll sind allerdings bundesweit gemeinsame Qualitätsstandards im Bildungsbereich.

5. Um Spielräume für die Finanzierung dieser enorm hohen Kosten zu gewinnen, müssen wir gemeinsam bereit sein, bisherige Finanzströme umzuleiten, weg von familienpolitisch ineffektiven Programmen und hin zu einer besseren öffentlichen Bildungsfinanzierung, beispielsweise durch eine Reform und Einschränkung des Ehegattensplittings (Kosten 2013 ca. 20,3 Milliarden Euro). Darüber hinaus geht es darum, neue Spielräume zu erschließen, wie etwa die Einführung der Finanztransaktionssteuer für bildungspolitische Maßnahmen (Einnahmeschätzungen für Deutschland zwischen 10 und 17 Milliarden Euro).

Presseinformationen

Artikel-Informationen

erstellt am:
08.01.2015

Ansprechpartner/in:
Pressestelle der Niedersächsischen Landesregierung

Nds. Staatskanzlei
Planckstraße 2
30169 Hannover
Tel: 0511/120-6946
Fax: 0511/120-6833

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