Antibiotika-Einsatz in der Landwirtschaft soll in fünf Jahren um 50 Prozent reduziert werden – Landesamt für Verbraucherschutz übernimmt neue Aufgaben
Die niedersächsische Landesregierung will den Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft in den kommenden fünf Jahren um die Hälfte reduzieren. Dazu hat das Kabinett am (heutigen) Dienstag den Entwurf einer neuen Verordnung über Zuständigkeiten auf verschiedenen Gebieten der Gefahrenabwehr beschlossen. Die Verordnung konkretisiert unter anderem Regelungen bei Tierarzneimitteln, bei der Muschelfischerei und bei Drittlandexporten. Die wesentliche Änderung betrifft die künftige Zuständigkeit im Zusammenhang mit der Antibiotika-Minimierung: Einige neu im Arzneimittelgesetz des Bundes aufgenommene Aufgaben zur Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes in der Nutztierhaltung hat die Landesregierung auf das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) übertragen. Das Bundesarzneimittelgesetz war am 1. April vergangenen Jahres unter anderem auf Initiative Niedersachsens geändert worden. Ziel der Änderung war eine erhebliche Minimierung des Antibiotikaverbrauchs in der Nutztierhaltung. Diese wiederum ist Kernelement der in Niedersachsen eingeleiteten Agrarwende.
Verbraucherschutzminister Christian Meyer sagte, Niedersachsen wolle zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung um 50 Prozent binnen fünf Jahren reduzieren. Dies werde durch umfangreiche Beratung der landwirtschaftlichen Betriebe, aber auch konsequente Umsetzung des neuen Gesetzes bei zu hohem Verbrauch erreicht.
Wenn Antibiotika in großem Stil zur Behandlung von Infektionen an Tiere verabreicht werden, können sich in den Tieren antibiotikaresistente Keime entwickeln. Durch Kontakt zu den Tieren oder falsche Fleischverarbeitung können resistente Keime auf den Menschen übertragen werden. Bereits seit einigen Jahren gelten Tiermäster daher in Niedersachsens Krankenhäusern als Risikopatienten. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts haben exponierte Menschen mit direktem Tierkontakt – im Vergleich zu Menschen im gleichen Umfeld, jedoch ohne direkten Kontakt zu Tieren – ein vielfach erhöhtes Risiko, mit multiresistenten Keimen wie dem sogenannten MRSA besiedelt zu werden.Niedersachsen ist vom Antibiotikaeinsatz in der Tiermast besonders betroffen.
Der Landtag hatte mit dem Haushalt 2015 für das Laves 25 zusätzliche Stellen zur Antibiotikaminimierung beschlossen, die über Gebühren gegenfinanziert werden. Die Umsetzung der Antibiotikareduzierung übernimmt das Laves einheitlich und effizient in einer Hand. Die Niedersächsische Landesregierung hatte sich zuvor intensiv mit möglichen Alternativen auseinandergesetzt. Aus Sicht des Landes sprach aber mehr für eine Übertragung der Aufgaben an das Laves als an die kommunale Ebene. So muss der unmittelbare Vergleich der Betriebe im Hinblick auf besonders hohen oder aber besonders geringen Antibiotikaverbrauch landkreisübergreifend stattfinden. Eine wirklich effektive und umfassende Umsetzung des Antibiotika-Minimierungskonzeptes bedarf daher einer Vernetzung tierarzneimittelrechtlicher Kontrollen von Mastbetrieben mit den Kontrollen von tierärztlichen Hausapotheken. Für letztere aber liegt die Zuständigkeit bereits beim Laves.
Mit der heutigen Kabinettsentscheidung ist die Zuständigkeit für die neuen Aufgaben im Arzneimittelgesetz geklärt. Niedersachsen sage nach dem Vorbild der Niederlande den multiresistenten Keimen und ihren teils dramatischen Auswirkungen für die Menschen entschieden den Kampf an, sagte Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer. Vertreter des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums sind bereits in einer Arbeitsgruppe mit Fachleuten aus den Niederlanden und Dänemark aktiv und tauschen die jeweiligen Erfahrungen zur Antibiotikaminimierung aus.
Zum Hintergrund:
Im neuen Arzneimittelgesetz (AMG) sind Kleinbetriebe von den neuen Dokumentationsvorschriften ausgenommen. Die Mitteilungspflichten nach Paragraf 58 des Arzneimittelgesetzes gelten nur für Betriebe, in denen im Kalenderhalbjahr mehr als 20 zur Mast bestimmte Rinder, mehr als 250 zur Mast bestimmte Schweine, mehr als 1000 Mastputen oder mehr als 10.000 Masthühner gehalten werden.
- Das Laves wird die anonymisierten Daten an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit übersenden und dann einen Vergleich der Häufigkeit von Antibiotikaeinsatz in den Betrieben vornehmen. Tierhalter und Tierhalterinnen, die bundesweit zu den „Spitzenverbrauchern“ von Antibiotika gehören – also zu den 25 Prozent mit dem höchsten Antibiotika-Einsatz in Deutschland –, müssen zusammen mit ihren Tierärztinnen und Tierärzten Maßnahmenpläne erarbeiten, um den Verbrauch der Medikamente zu senken.
- Das Laves wird zukünftig die Einhaltung dieser Maßnahmenpläne überprüfen und
- falls erforderlich, behördliche Anordnungen treffen sowie auch deren Einhaltung kontrollieren.
Die Daten aus der ersten bundesweiten Erhebung zum Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung werden im Frühjahr 2015 vorliegen. Sie bilden dann die Grundlage für den Index „Therapiehäufigkeit“ und die sich anschließenden Maßnahmen.
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erstellt am:
17.02.2015
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