Ministerpräsident Weil lobt Abschaffung der Roaminggebühren und kritisiert EP-Beschluss zur Netzneutralität: „Internet zweiter Klasse nicht ausgeschlossen“
Der Niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hat zwiespältig auf die Abstimmung des Europäischen Parlaments (EP) zum Roaming und zur Netzneutralität reagiert. Weil begrüßte zwar die neuen Regelungen zur mittelfristigen Abschaffung der Roaminggebühren. Danach zahlen Mobilfunknutzer bei Reisen innerhalb der EU ab Mitte 2017 dieselben Gebühren wie zu Hause. Dagegen stößt die EP-Entscheidung zur Netzneutralität auf Weils Kritik. „Eine nicht interpretierbare Formulierung wäre wichtig gewesen, um ein Internet erster und zweiter Klasse auszuschließen“, sagte der Regierungschef.
Nach der neuen Regelung drohten nicht nur Einschränkungen für Millionen Internetnutzer wegen geringerer zur Verfügung stehender Bandbreiten. Gerade auch kleine und mittlere Unternehmen könnten in ihrer Weiterentwicklung gebremst werden, wenn großen Internetanbietern gegen Geld mehr Bandbreite zugesichert würde. Es sei nicht gut, dass das sogenannte „Zero Rating“ nicht untersagt wurde. Dabei handelt es sich um Geschäftsmodelle, die trotz begrenztem Datenvolumen bestimmte Dienste aus der Volumen-Berechnung für eine Drosselung ausklammern. „Zero Rating“ schaffe Strukturen, die kleineren Firmen und insbesondere innovativen Start-ups die Marktpräsenz erschwerten oder unmöglich machten.
Das grundsätzliche Bekenntnis der EU zur Netzneutralität sei zu begrüßen, sagte Weil. Es sei von großer Bedeutung für den gesamtgesellschaftlichen Diskurs auch in Deutschland. So würden über das Internet Rundfunk sowie andere journalistische Inhalte verbreitet werden, die wesentlich zu einer objektiven Meinungsbildung in Europa beitragen.
Hintergrund
Das Europäische Parlament hatte am Dienstag (27. Oktober 2015) dem Gesetz zur Abschaffung der Roaminggebühren und zum offenen Internet („Telekom-Single-Market-Verordnung“) zugestimmt und damit den bereits im Juni mit dem Ministerrat ausgehandelten Kompromiss bestätigt.
Damit wurden die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass einerseits ab 15. Juni 2017 die Roaminggebühren wegfallen. Das heißt, dass bei Reisen innerhalb der EU Mobilfunknutzer denselben Preis wie zu Hause zahlen.
Andererseits wird es europaweit einheitliche Vorschriften zum Schutz der Rechte aller EU-Bürgerinnen und ‑Bürger auf Zugang zu Internetinhalten geben. Die Nutzer erhalten freien Zugang zu allen Inhalten ihrer Wahl.
In einem „offenen Internet“ wird der gesamte Datenverkehr gleich behandelt – er unterliegt allerdings der effizienten Abwicklung der täglichen Netzverwaltung durch die Anbieter von Internetdiensten ebenso wie Ausnahmen im öffentlichen Interesse, wie beispielsweise Netzsicherheit oder der Bekämpfung von Kinderpornografie.
Allerdings haben die Anbieter von Internetzugängen weiterhin die Möglichkeit, spezielle Dienste höherer Qualität wie Internetfernsehen oder neue Anwendungen anzubieten, solange diese Dienste nicht auf Kosten der Qualität des „offenen Internets“ erbracht werden. Die Verordnung gilt ab 30. April 2016.
Artikel-Informationen
erstellt am:
29.10.2015
zuletzt aktualisiert am:
30.10.2015
Ansprechpartner/in:
Pressestelle der Niedersächsischen Landesregierung
Nds. Staatskanzlei
Planckstraße 2
30169 Hannover
Tel: 0511/120-6946
Fax: 0511/120-6833