Standardkosten-Modell
Das Standardkosten-Modell (SKM) ist eine Methode, mit der Bürokratiekosten, die durch die Erfüllung von Informationspflichten entstehen, standardisiert ermittelt werden. Bürokratiekosten entstehen zum Beispiel bei Statistikpflichten, Berichterstattungen, Genehmigungsanträgen, Registrierungen, Untersuchungen und Kontrollen. Dieser Verwaltungsaufwand wird in Euro und Cent gemessen und auf die Anzahl der Betroffenen in einem Jahr hochgerechnet. Ein Beispiel dazu:
- Die Verordnung X verpflichtet zu vierteljährlicher Meldung bestimmter Daten. Diese Daten müssen 10.000 Unternehmen in Deutschland liefern, macht insgesamt 40.000 Meldungen pro Jahr. Für das Ausfüllen des Meldebogens benötigt ein Mitarbeiter 1 Stunde. Die Lohnkosten werden mit 60 Euro pro Stunde angesetzt, also kostet eine Meldung ein einzelnes Unternehmen 60 Euro. Das macht in der Summe 40.000 Meldungen x 60 Euro = 2.400.000 Euro pro Jahr. Die Verordnung X kostet alle Unternehmen zusammen also 2,4 Millionen Euro pro Jahr.
Ein klares und beeindruckendes Ergebnis! Notwendige Voraussetzungen sind ein standardisiertes Messverfahren und die Validierung der Messergebnisse bereits während des Verfahrens. Statt der "gefühlten" Belastung erhält man belastbare Daten. Erst wenn man vor Augen geführt bekommt, welche Kosten ein Gesetz oder eine Verordnung verursacht, entsteht Druck, diese Kosten zu vermeiden. Erst wenn die einzelnen Informationspflichten mit Preisschildern versehen wurden, kann es gelingen, zu Vereinfachungen von Vorschriften zu kommen, die Alle akzeptieren.
Mögliche Maßnahmen sind die Streichung von Informationspflichten, die Reduzierung von Zielgruppen (also Ausnahmen für kleine und mittlere Unternehmen), die Reduzierung der Periodizität und die Nutzung von E-Formularen. Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen wären die Folge. Entscheidend ist die Einbeziehung Aller, der Politik, der Fachleute, der Wirtschaft, der Verbände und Interessengruppen von Anfang an, um gemeinsam zu von allen akzeptierten Messergebnissen zu kommen.
Niedersachsen ist von Anfang an dabei:
Niedersachsen hat im Jahr 2006 zusammen mit fünf Bundesländern an einem von der Bertelsmann Stiftung initiierten Pilotprojekt zur Messung der Informationskosten der Wirtschaft aus der Landesbauordnung teilgenommen. Ziel war, die Übertragbarkeit und den Nutzwert dieses bis dato niederländischen Verfahrens unter deutschen Bedingungen nachzuweisen. Ebenfalls im Jahr 2006 erfolgte die Teilnahme an einem weiteren länderübergreifenden Pilotprojekt, dem SMK-Scan: Dies ist die Grobmessung aller Landesgesetze und Landesverordnungen zur Ermittlung der "teuersten" Gesetze und Verordnungen.
Aufgrund der in den beiden Projekten gemachten Erfahrungen erschienen uns das SKM-Messverfahren und die Experten-Interviews als zu umfangreich. Wir haben uns daher einer Initiative des Landes Brandenburg angeschlossen und gemeinsam einen SKM-Kompakt-Leitfaden zur erleichterten Informationskostenermittlung für die Verwaltungspraxis erarbeitet. Um diesen Leitfaden auf Praxistauglichkeit zu testen, wurde 2007 in einem länderübergreifenden Projekt die SKM-Kompakt-Messung des Gaststättenrechts initiiert. Auf der Grundlage des Leitfadens schloss sich in 2009 eine landesinterne Messung des niedersächsischen Heimrechts an.
Maßgebliche Erkenntnis aus unseren Projekten: SKM ist ein weiterer guter Schritt zum Bürokratieabbau. Der Schwerpunkt liegt jedoch nicht im Landesrecht, denn die Länder verursachen mit ihren Rechtsvorschriften nur rund 1 % der Informationskostenbelastung der Wirtschaft. 99 % der Informationskosten und damit der Belastungen stammen aus den Regelungen von Bund und EU. Es ist daher sehr erfreulich, dass die Bundesregierung mit der Einsetzung des Nationalen Normenkontrollrates im Jahr 2006 auch das Standard-Kosten-Modell mit einer mittlerweile umfassenden Bestandsmessung eingeführt hat.
www.bundesregierung.de/buerokratieabbau
www.normenkontrollrat.bund.de