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Der Niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil zum Klimaschutzprogramm der Bundesregierung


„Es handelt sich um das bis heute mit Abstand größte Klima-Paket, so mein erstes Fazit nach einer kursorischen Lektüre der Eckpunkte der Bundesregierung für das Klimaschutzprogramm 2030. Mit diesem Programm sind die Chancen, dass Deutschland seine Klimaschutzziele 2030 und die angestrebte Treibhausgasneutralität 2050 erreicht kann, deutlich gestiegen.

Ich teile den Grundgedanken: Wir müssen uns in allen Bereichen auf ein klimafreundlicheres Verhalten einstellen und dafür ist eine aktive Begleitung des Staates nötig. Ohne eine breite Zustimmung und die Bereitschaft, auch den eigenen Alltag ein Stück weit zu verändern, wird Klimaschutz in Deutschland nicht gelingen können. Staatliche Anreize sind dabei unverzichtbar.

Dreh- und Angelpunkt des Klimaschutzes sind Erneuerbare Energien. Positiv ist deswegen die klare Vorgabe, dass bis 2030 bundesweit mindestens 65 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen kommen müssen.

Jetzt geht es darum, den Worten sehr schnell Taten folgen zu lassen. Die Windenergie-Industrie befindet sich derzeit in einer tiefen Krise. Das Schicksal der deutschen Solarindustrie darf sich nicht wiederholen!

Es ist gut, dass das Ausbauziel für Windenergie auf See auf 20 GW bis 2030 angehoben wird. Die vorgesehene 1000 m Abstandsregel zur Wohnbebauung verringert jedoch die Flächenpotenziale für Windstrom an Land. Immerhin können Länder und Kommunen, die das wünschen, kleinere Abstände zulassen.

Dass die Beschränkungen für die Netzausbaugebiete bleiben sollen, kann nicht das letzte Wort sein. Wo soll denn der Ausbau von Erneuerbaren Energien stattfinden, wenn etwa Bayern die Windenergie weiter ablehnt? Sinnvoll ist, dass die Kommunen finanziell am Betrieb von Windrädern beteiligt werden sollen. Hier ist das ‚Wie‘ allerdings noch offen. Zwei Prozent Umsatzbeteiligung würden die Akzeptanz vor Ort sicher steigern.

In Sachen CO2-Bepreisung hätte ich mir mehr gewünscht. Richtig ist der rasche Einstieg und dass von 2021 bis 2025 klar vorgegebene Festpreise geplant sind. Das schafft Planungs- und Investitionssicherheit. Ich habe aber Zweifel, ob bei dem sehr niedrigen Einstiegspreisen die gewünschte Lenkungswirkung eintreten wird. Besser wäre es, zügig ein höheres Niveau beim CO2-Preis zu erreichen und mit dem Erlös den Strompreis nachhaltig zu senken. Das würde helfen, den nötigen Anteil erneuerbarer Energien schneller und deutlicher zu steigern - und damit weitere CO2-Emisssionen einzusparen.

Auch die Förderung von Wasserstoff, ein aus meiner Sicht extrem wichtiger Umwelt- und Wirtschaftsfaktor, fällt zu verhalten aus. Der Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoffwirtschaft ist eine große Chance, die wir konsequent nutzen müssen. Der Einsatz von Wasserstoff ist der stärkste Hebel, um die Sektoren Industie, Verkehr und Wärme dauerhaft zu dekarbonisieren.

Die Kaufprämie für Elektrofahrzeuge wird verlängert, der Ausbau der Elektroladeinfrastruktur wird intensiviert, Ziel sind 1 Million Ladepunkte bis 2030, die KFZ-Steuer wird konsequent am CO2 Ausstoß ausgerichtet - all das sind Maßnahmen, die für die Verkehrswende zwingend notwendig sind. Auf der Habenseite steht auch die klare Bereitschaft des Bundes mitzuwirken bei der Ansiedlung zukunftsfähiger Batteriezellfabriken und die Automobilunternehmen in dem schwierigen Transformationsprozess zu unterstützen.

Gerade für die ländlichen Räume ist es ebenso wichtig, dass deutlich mehr Geld vom Bund für den öffentlichen Personennahverkehr an die Kommunen geht und günstige ÖPNV-Tarife gefördert werden - letzteres ist mir ein besonderes Anliegen. Bahnfahren wird billiger, innerdeutsche Flüge werden teurer, Dumpingpreise werden unterbunden. Das ist alles sinnvoll und zu unterstützen.

Insgesamt sind die Vorschläge des Bundes eine gute Grundlage für die weitere Diskussion. Es geht um eine spürbare Veränderung von Wirtschaft und Gesellschaft - im Sinne des Klimaschutzes, aber sozial ausgewogen und wirtschaftlich vernünftig. Diesem Ziel sind wir mit dem Konzept der Bundesregierung einen Schritt näher gekommen."
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