Niedersächsische Staatskanzlei Niedersachsen klar Logo

Regierungserklärung von Ministerpräsident Stephan Weil

Sicherheit durch innere Stärke

– Regierungserklärung vor dem Niedersächsischen Landtag am 17. August 2016 –

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Anrede,

ich hoffe, Sie alle hatten eine erholsame Zeit. Aber wahrscheinlich ist es vielen von Ihnen so gegangen wie mir: Eine ganze Kette von beunruhigenden Nachrichten und Ereignissen hat sich in den letzten Wochen wie ein Schatten über die letzten Monate gelegt.

Lassen Sie mich gerade vor diesem Hintergrund noch einmal in aller Kürze die Entwicklung der letzten 12 Monate Revue passieren: Vor genau einem Jahr im August 2015, da befanden wir uns gewissermaßen in der Ruhe vor dem Sturm. Die Flüchtlingszahlen stiegen zwar an und das Elend der Menschen vor allem im mittleren Osten rührte viele von uns an, aber wohl niemand hätte es noch zu diesem Zeitpunkt für möglich gehalten, dass wir ab Mitte September täglich viele 1000 Menschen als Flüchtlinge bei uns aufnehmen würden. Seit dem Jahresanfang erleben wir in dieser Hinsicht zwar eine Beruhigung, aber wir alle wissen, wie sehr unsere Gesellschaft dadurch durchgeschüttelt worden ist. Obendrein hat der islamistische Terror zunehmend Europa ins Visier genommen und Angst und Schrecken verbreitet. Viele Opfer sind zu beklagen und auch das hat seine Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen.

In Niedersachsen sind wir außerdem seit etwa 11 Monaten mit der VW-Krise befasst. Die jahrelange Manipulation von Abgaswerten hat den Konzern in die wohl schwierigste Situation seiner Unternehmensgeschichte gebracht, und das hat aus verständlichen Gründen viele Menschen in Niedersachsen beunruhigt.

Und wo stehen wir heute? Um mit dem letzteren zu beginnen: Die Bewältigung der VW-Krise geht erkennbar Schritt für Schritt voran. Das gilt für die Aufklärung des Sachverhalts, das gilt für umfangreiche Rückrufaktionen und die Korrektur unzulässiger Abgaswerte, das gilt auch für die Bußen und Prozesse, denen sich Volkswagen wegen dieses Fehlverhaltens nun einmal stellen muss. Ich mache mir keine Illusionen: Nachrichten über Ermittlungen und Verfahren werden noch geraume Zeit für Aufsehen sorgen, auch das ist die leider unvermeidliche Konsequenz bei einem Skandal dieses Ausmaßes. Aber dennoch: Die Fortschritte in der Aufarbeitung sind unverkennbar und vor allem haben Millionen von Kunden erfreulicherweise weltweit Volkswagen die Treue gehalten. Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis für die Arbeitsplätze bei uns in Niedersachsen und dafür bin ich dankbar.

In Atem hält uns auch die Bewältigung dessen, was wir seit dem September 2015 bei der Zuwanderung von Flüchtlingen erlebt haben. Ja, durch eine große Welle der Hilfsbereitschaft und eine sehr intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten ist es gelungen, die Lage vergleichsweise schnell in den Griff zu kriegen und am Ende des Jahres etwa 100.000 Menschen in Niedersachsen ein Dach über dem Kopf zu geben. Und ja, diese Hilfsbereitschaft und diese gute Zusammenarbeit halten bis heute an – ich bin vor allem nach wie vor tief dankbar für das Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger, die nicht nachlassen in ihrer Solidarität.

Zugleich wissen wir aber, dass es in unserer Gesellschaft eine weit verbreitete Unsicherheit gibt. Die Bundeskanzlerin hat kürzlich wiederholt „wir schaffen das“. Aber viele Menschen fragen berechtigterweise: Wie schaffen wir das denn? Diese Unsicherheit bedeutet gleichzeitig auch Auftrieb für Rechtspopulisten, die zwar keine einzige Lösung im Angebot haben, aber dafür gezielt Unmut und Angst schüren.

Anrede,

diese Beschreibung deckt aber nur einen Teil der Realität ab. Noch wichtiger ist eine andere: Niedersachsen ist stark – womöglich so stark wie nie zuvor. Die niedersächsische Wirtschaft präsentiert sich sehr robust und wächst unverändert, die Prognosen sind durchaus optimistisch. Wir verzeichnen einen Beschäftigungsrekord. Noch nie hatten so viele Menschen in Niedersachsen einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz, wie derzeit. Alleine in den letzten Jahren sind etwa 450.000 Arbeitsplätze zusätzlich in Niedersachsen entstanden. Umgekehrt ist die Arbeitslosigkeit entscheidend zurückgegangen, um mehr als 39 %! Das ist eine Entwicklung, für die wir nur dankbar sein können!

Lassen Sie mich ein weiteres Beispiel erwähnen: Die Landesregierung schlägt dem Landtag vor, ab dem Jahr 2018 die Schuldenbremse vorzeitig zu erfüllen und keine neuen Schulden mehr zu machen. Das hat es buchstäblich in der gesamten Geschichte des Landes Niedersachsen noch nicht gegeben. Dabei handelt es sich auch nicht etwa um eine Eintagsfliege: Erst jüngst ist eine vergleichende Untersuchung zwischen den Ländern zu dem Ergebnis gelangt, in Sachen nachhaltiger Finanzpolitik steht Niedersachsen auf Platz 2. Das wäre doch früher gar nicht denkbar gewesen und zeigt die gesunde Entwicklung unseres gesamten Landes.

Dazu kommt auch ein Aspekt, der langfristig für mich höchste Bedeutung hat: Seit drei Jahren gibt es wieder mehr Geburten als Sterbefälle in Niedersachsen. Wir wissen alle, dass der demografische Wandel für uns eine große Herausforderung ist. Es zeigt sich aber, dass immer mehr junge Menschen in unserem Land Vertrauen in ein gutes Leben haben – für sich selbst und für ihre Kinder.

Und schließlich – ich will mich beschränken – gestatten Sie auch den Hinweis darauf, das bei den regelmäßigen Umfragen über die Zufriedenheit der Menschen in Deutschland die Werte für uns in Niedersachsen deutlich überdurchschnittlich sind, umgekehrt einem kürzlich vorgestellten Angstatlas zufolge die Menschen in Niedersachsen sehr viel weniger Angst und Unsicherheit verspüren, als anderswo.

Das sind alles deutliche Hinweise. Unser Land befindet sich auf einem bemerkenswert guten Kurs, Niedersachsen ist stark und Niedersachsen geht voran. So wollen wir es weiter halten!

Anrede,

wie passen diese beiden Seiten der Medaille nun zusammen? Aufgabe der Landespolitik ist es, mit ihren Möglichkeiten Vertrauen und Sicherheit zu vermitteln. Wir müssen bestehende Aufgaben klar beim Namen nennen und wir müssen sie konsequent bearbeiten – das gilt für die aktuellen ebenso wie für die dauerhaften Herausforderungen. Aber wir können dabei vor allem auch selbstbewusst vertrauen auf die Stärke unseres Landes und des Gemeinwesens in Niedersachsen.


Anrede,

nehmen Sie das Beispiel der Sicherheitspolitik. Dass mit dem internationalen Terrorismus eine abstrakte Gefahr auch bei uns in Niedersachsen verbunden ist, wissen wir alle miteinander. Ich erinnere mich noch allzu gut an die Absage des Fußballländerspiels in Hannover im November des letzten Jahres – damals wurde eine abstrakte Gefahr auf einen Schlag sehr konkret und wir waren am Ende sehr froh, einem Anschlag entgangen zu sein.

An diesem Abend – wie bei manch anderer Gelegenheit – haben wir die Erfahrung gemacht, dass unsere Sicherheitsbehörden höchst aufmerksam sind, wenn es um die Abwehr des islamistischen Terrorismus geht. Ich habe volles Vertrauen in ihre Arbeit und ich danke allen Beteiligten herzlich für ihr verantwortungsvolles und umsichtiges Wirken!

Die Landesregierung ist sich der Bedeutung dieser Aufgabe sehr bewusst und stärkt die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz in Niedersachsen.

Die Stellenausstattung für unsere Landespolizei ist aktuell so hoch wie nie zuvor in der fast 70jährigen Landesgeschichte. Bereits mit dem 2. Nachtragshaushalt 2015 hat die Landesregierung für eine sofort wirkende Verstärkung der Polizei gesorgt. Durch 85 zusätzliche Stellen für Verwaltungspersonal konnten Polizeikräfte von vollzugsfremden Aufgaben entlastet und für originäre Aufgaben eingesetzt werden. Mit weiteren 50 Stellen für Vollzugspersonal haben wir die Möglichkeit geschaffen, auch kurzfristig über den gesetzlichen Ruhestand hinaus im Dienst zu verbleiben. Außerdem stellen wir in den Jahren 2016 bis 2018 insgesamt 450 Anwärterinnen und Anwärter zusätzlich ein, jedes Jahr 150. Insgesamt umfasst die Personalverstärkung damit 585 zusätzliche Stellen.

Interessant ist auch folgende Zahl. Wir haben schon jetzt 2.200 Studierende in der Ausbildung, im Herbst werden es dann 2.500 sein und im kommenden Jahr werden wir in Richtung 3.000 gehen. Zum Vergleich: 2012 waren es nur 1.700. Das zeigt: Wir stärken und verstärken unsere Polizei in Niedersachsen, damit es bei uns sicher bleibt!

Die niedersächsische Polizei hat die klare und deutliche Unterstützung der Landesregierung für ihre wichtige Arbeit!

So gut unsere Polizei auch sein mag, sie kann nicht die Ursachen etwa des Islamismus bekämpfen. Damit alle Ansätze für die Prävention vor allem bei jungen Menschen für die Bekämpfung des Extremismus genutzt werden, ist im Niedersächsischen Innenministerium nunmehr die Kompetenzstelle Islamismus-Prävention eingerichtet worden. Alle Erkenntnisse und Erfahrungen sollen dort zur Verfügung stehen, wo sie auch tatsächlich benötigt werden.

Im Lichte der aktuellen Entwicklung hat es sich auch als sehr richtig erwiesen, dass die Landesregierung gemeinsam mit den islamischen Verbänden eine Beratungsstelle eingerichtet hat, die vor allem junge Menschen vor der extremistischen Versuchung schützen will. Darauf lege ich Wert, meine Damen und Herren: Bekämpfung von Extremismus ist mehr als die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz, das ist am Ende auch eine gesellschaftspolitische Aufgabe, für die wir Partner brauchen!

Wenn wir nicht aufpassen, bekommen wir sonst ein neues Gegeneinander in unserer politischen Debatte: Die einen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, gegen die anderen, die spalten. Deswegen ist zum Beispiel die Forderung aus den Reihen der Union, doppelte Staatsbürgerschaften bei Deutsch-Türken abzuschaffen, höchst schädlich. Die Landesregierung jedenfalls wird sich allen solchen Versuchen energisch widersetzen.

Die Terrorakte in diesem Sommer sind übrigens nicht allein solche von Islamisten gewesen. Der Amoklauf von München hat den bisherigen Erkenntnissen zu Folge womöglich einen eher rechtsextremistischen Hintergrund. In Niedersachsen verzeichnen wir eine deutliche Zunahme bei den Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte. Ich nehme diese Bedrohung ebenfalls sehr ernst – islamistische Gewalt und islamfeindliche Gewalt müssen wir gleichermaßen scharf verurteilen und mit aller Entschiedenheit bekämpfen! Dasselbe gilt übrigens auch für die gestiegene Gewaltbereitschaft von Linksextremisten.

Auch diese Aufgabe geht über polizeiliche Aktivitäten hinaus. Deswegen hat die Landesregierung ein Programm gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und Menschenrechte verabschiedet. Politische Bildung ist heute wichtiger denn je. Die Abschaffung der Landeszentrale für politische Bildung war ein Fehler, deswegen werden wir die Landeszentrale für politische Bildung noch in diesem Jahr wieder neu eröffnen!

Anrede,

Sicherheit ist enorm wichtig, Sicherheit ist aber viel mehr als nur innere Sicherheit. Sicherheit vermittelt die Gewissheit, dass sich ein Gemeinwesen um seine Mitglieder kümmert, dass ein Gemeinwesen dazu auch im Stande ist. Deswegen ist etwa Wohnungsbaupolitik von zentraler Bedeutung. Wir werden den Bau von schätzungsweise über 10.000 Wohnungen mit öffentlicher Förderung möglich machen und damit preiswerten Wohnraum schaffen. Ein ganz wichtiger Schritt für sozialen Ausgleich in vielen Städten und Gemeinden und für das Sicherheitsgefühl vieler Menschen.

Ein intaktes Gemeinwesen, dazu gehören zum Beispiel auch intakte Krankenhäuser. Die Landesregierung will gemeinsam mit den Kommunen ein Programm zur Sanierung von Krankenhäusern mit einem Volumen von 1,3 Mrd. Euro auflegen. Damit werden wir in wenigen Jahren Maßnahmen nachholen, die schon viele Jahre auf die Realisierung warten.

Und last but not least: Ein intaktes Gemeinwesen, das setzt vor allem auch handlungsfähige Kommunen voraus, die auf die Bedürfnisse ihrer örtlichen Gemeinschaft eingehen können. In unserem Nachtragshaushalt haben wir Ihnen dazu einen weitreichenden Vorschlag gemacht. Wir wollen die niedersächsischen Kommunen damit noch in diesem Jahr um zusätzlich 630 Mio. Euro entlasten, wir werden die Bemessungsgrundlage der Kostenerstattung für die Flüchtlingsunterbringung deutlich vorziehen und den Erstattungsbetrag erhöhen. Insgesamt sind es dann über 1 Mrd. Euro. Das ist unser Beitrag, damit die niedersächsischen Kommunen ihre Aufgaben auch tatsächlich erfüllen können.

Noch vor der Sommerpause haben wir in Berlin nach schwierigen Verhandlungen eine entscheidende Entlastung der Kommunen zwischen Bund und Ländern vereinbaren können. Der Bund wird die Kosten der Unterkunft für Flüchtlinge übernehmen. Und er wird die Kommunen in Höhe von 5 Mrd. Euro entlasten. Was heißt das für uns in Niedersachsen? Die strukturelle Entlastung für unsere Städte, Gemeinden und Landkreise dürfte sich auf über 600 Mio. Euro jährlich belaufen und das ist wirklich ein kräftiger Schluck aus der Pulle. Das freut mich für die Kommunen, vor allem aber auch für die Menschen, die aktiv unsere kommunale Demokratie tragen. Und übrigens: Diese Menschen, die ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und -politiker, haben auch am 11. September eine hohe Beteiligung bei den Kommunalwahlen verdient.

Es ist ein gutes Zeichen, dass Bund und Länder gemeinsam ihre Verantwortung für die kommunale Ebene wahrnehmen. Es ist eben gerade nicht so, wie manchmal befürchtet wird, jetzt werde nur noch Politik für Flüchtlinge gemacht. Im Gegenteil: Was wir tun, das dient der ganzen Gesellschaft, jedem einzelnen Bürger, jeder einzelnen Bürgerin. Das meine ich damit, wenn ich sage, der Staat muss gerade in diesen Zeiten Vertrauen und Sicherheit vermitteln!

Das gilt auch für die Aufgabe der Integration. Integration ist nicht eine Politik für Flüchtlinge, sondern für unsere ganze Gesellschaft. Wir alle wissen, welcher soziale Sprengstoff entstehen kann, wenn das Zusammenwachsen misslingt. Einfach ist das ganz gewiss nicht zu bewältigen. Notwendig ist ein Kraftakt, damit aus Zuwanderern Nachbarn werden.

Ich sage es ganz deutlich: Der Bund macht sich nach wie vor nur eher halbherzig an diese große Aufgabe. Es fehlt an einer systematischen Zusammenarbeit mit den vielen Partnern in unserer Gesellschaft, es fehlt an einem klaren System der Integration.

In Niedersachsen stellen wir uns dieser Aufgabe und damit meine ich nicht etwa nur die Politik, sondern große Teile der Gesellschaft. Der niedersächsische Weg ist gekennzeichnet durch unser Bündnis „Niedersachsen packt an“, dem sich inzwischen beinahe alle relevanten Institutionen und Verbände angeschlossen haben. Wir setzen auf eine enge Zusammenarbeit und auf abgestimmte Konzepte.

Eines haben die bisherigen Integrationskonferenzen zum Thema Sprache und Arbeitsmarkt sehr klar ergeben: Wir brauchen gut abgestimmte Förderketten und am Anfang dieser Ketten muss eine gute Sprachförderung stehen. Deswegen hat für uns das Thema Sprachförderung höchste Priorität. Das ist nun einmal die Voraussetzung für Integration, da beißt die Maus keinen Faden ab. Was wir an dieser Stelle versäumen, macht alle nachfolgenden Maßnahmen unendlich viel schwerer.

An unseren Schulen läuft die Sprachförderung auf Hochtouren. Über 35.000 Schülerinnen und Schüler zusätzlich befinden sich derzeit in unterschiedlichen Maßnahmen der Sprachförderung – eine gewaltige Zahl! Das Kultusministerium hat dafür einen sehr vielfältigen Instrumentenkasten zur Verfügung gestellt, aber vor allem ist das Engagement der Lehrerinnen und Lehrer in dieser Hinsicht beispielhaft. Herzlichen Dank dafür.

Natürlich ist es eine enorme Belastung für das gesamte System, wenn so viele Schülerinnen und Schüler schlagartig neu hinzukommen und sie obendrein eher einen größeren Förderbedarf haben. Vor diesem Hintergrund ist die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen nach den Planungen des Kultusministeriums durchaus ansehnlich und wir werden in den nächsten beiden Schuljahren noch einmal alle Möglichkeiten nutzen, Lehrkräfte einzustellen. Es stehen Mittel für mehr als 2.000 weitere Lehrkräfte zur Verfügung – ein klares Signal an alle Beteiligten!

Dasselbe geschieht bei der frühkindlichen Förderung. Wir werden in den nächsten beiden Jahren zusätzlich insgesamt 120 Mio. Euro den Kommunen zur Verfügung stellen, damit vor Ort die Sprachförderung und Integration in den Kindertagesstätten intensiviert werden kann.

Eine große Herausforderung ist die Sprachförderung für Erwachsene. Nach wie vor sind wir von einem klaren, einheitlichen und effizienten System auf der Bundesebene weit entfernt. Ich will ausdrücklich würdigen, dass der Bund seine Integrationskurse unter der Regie des BAMF ausweitet. Er hält allerdings leider immer noch an der Unterscheidung zwischen einer rechtlich guten Bleibeperspektive und einer rechtlich nicht so guten Bleibeperspektive fest. Alle Praktiker wissen, das hilft nicht weiter. Hinzu kommt, dass es derzeit noch keine bedarfsgerechte Steuerung dieser Angebote gibt und auch keine Koordinierung mit ergänzenden Angeboten durch die Bundesagentur für Arbeit.

So kann Integration nicht funktionieren! In Niedersachsen halten wir an dem Ziel fest, aufeinander abgestimmte Bildungsketten zu installieren. Am Anfang muss ein einheitliches Modul für alle stehen mit Sprachförderung, Wertevermittlung und Kompetenzfeststellung. Das ist der Vorschlag, den wir gemeinsam im Bündnis „Niedersachsen packt an“ entwickelt haben.

Jetzt geschieht bei uns zweierlei: Wir verdoppeln noch einmal die Mittel für die Sprachförderung durch Landeskurse, so dass wir rd. 30.000 Menschen jährlich erreichen werden. Und wir organisieren in den Regionen mit den wesentlichen Akteuren die nächsten Förderschritte, mit den Kommunen, mit der Bundesagentur für Arbeit und dem BAMF. Vor Ort kennen sich die Akteure, vor Ort kennt man am besten den Bedarf, dort findet die Integration tatsächlich statt.

Alles in allem sind wir in Niedersachsen auf einem guten Weg. Wir haben in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von vielen Beteiligten die Aufnahme sehr vieler Menschen in sehr kurzer Zeit bewältigen können. Und wir setzen diese enge Zusammenarbeit fort bei der schwierigen Arbeit der Integration. Ich bin sehr dankbar für diese bisherigen Erfahrungen, ich bin deswegen auch zuversichtlich, dass wir diese große Aufgabe gemeinsam lösen können.

Anrede,

in diesem Zusammenhang ist ganz sicher auch ein Wort zu dem seit schon vielen Jahren, übrigens auch schon von den vorangegangenen Landesregierungen, betriebenen Vorhaben geboten, eine Vereinbarung mit den islamischen Verbänden in Niedersachsen zu schließen.

Wir haben einen eigentümlichen Zwischenstand: Nach den letzten Gesprächen vor der Sommerpause, die übrigens in einer sehr konstruktiven Atmosphäre verlaufen sind, gibt es einen überarbeiteten Vertragsentwurf. Dieser Entwurf ist gemeinsam erarbeitet worden – von den vier Landtagsfraktionen, von der Landesregierung und den islamischen Verbänden. Gegen diesen Entwurf gibt es inhaltlich, soweit ich es überblicken kann, keine relevanten Bedenken mehr. Das ist nun wirklich ein entscheidender Fortschritt, den wir miteinander erzielt haben. Herzlichen Dank dafür!

Über den Sommer hinweg hat sich nunmehr ein anderes Thema zugespitzt. In der Beurteilung der politischen Entwicklung in der Türkei sind wir uns sicher alle einig. Demokratisch gewählte Regierungen dürfen nicht durch das Militär weggeputscht werden. Richtig ist aber auch: Als Folge eines niedergeschlagenen Militärputsches demokratische und rechtsstaatliche Errungenschaften einzuschränken, muss auf energischen Protest stoßen. Ich betrachte die derzeitigen Säuberungswellen in der Türkei mit großer Sorge und ich hoffe sehr, dass es gelingen wird, die Widersprüche in diesem großartigen Land auf eine demokratische und rechtstaatliche Weise zum Ausgleich zu bringen.

Als Folge dessen gibt es nun etliche Stimmen, die die in Aussicht genommenen Vertragspartner unserer Vereinbarung in Zweifel ziehen. Insbesondere hat die Fraktion der CDU erklärt, für weitere Gespräche über den Vertrag nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

Ich bedauere diesen Sinneswandel ausdrücklich. Gespräche abzubrechen kann eigentlich niemals zu einer Verbesserung führen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Insbesondere wenn es sich um Verbände handelt, mit denen sie selbst in vielen Jahren eng zusammengearbeitet haben und mit denen sie etliche Vereinbarungen getroffen haben. Gerade in schwierigen Situationen muss man mehr miteinander reden und nicht weniger.

Die Landesregierung hält daran fest: Wir wollen zu geregelten Beziehungen zwischen dem Staat in Niedersachsen und den Muslimen gelangen. Wir wollen insbesondere eine gemeinsame Partnerschaft gegen islamistischen Extremismus und gegen Islamfeindlichkeit. Wir wollen Beiträge dafür leisten, dass unsere Gesellschaft zusammenbleibt und gemeinsam erfolgreich nach vorne gehen kann.

Ich bin dankbar dafür, dass dieses Vorhaben unverändert Unterstützung findet, insbesondere dass drei von vier Landtagsfraktionen ebenfalls an dem Vorhaben festhalten. Das ist eine gute Grundlage für die weiteren Gespräche.

Dabei will niemand von uns mit dem Kopf durch die Wand. Es hat sich bislang gelohnt, geduldig miteinander zu sprechen und auch die notwendigen öffentlichen Diskussionen zu führen. Daran wollen wir festhalten. Wir werden in den nächsten Monaten Gespräche im Bereich der Politik, aber auch im gesellschaftlichen Raum zu führen haben. Wir werden weiter geduldig werben für ein Vorhaben, das wir nicht von aktuellen Entwicklungen abhängig machen dürfen. Und ich füge ausdrücklich hinzu: Auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU sind herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen.

Anrede,

ich denke, es ist klargeworden: Die aktuellen Herausforderungen nehmen wir in Niedersachsen engagiert an. Ich habe Ihnen dabei ja nur einen relativ kleinen Ausschnitt dargestellt. Die Entwürfe des Nachtragshaushalts 2016 und des Doppelhaushalts 2017 /18, der im September eingebracht werden wird, enthalten viele weitere Beispiele. Wir stärken die Investitionen, wir investieren in Bildung und Integration, wir modernisieren unser Land und wir treiben energisch die nachhaltige Entwicklung unseres Landes voran. Das alles geschieht auf der Basis einer äußerst soliden Finanzpolitik, die uns zu dem ersten Haushalt in der Landesgeschichte ohne neue Schulden führen wird. Das ist unser Weg für Niedersachsen!

Ich bin sicher: Das ist gleichzeitig auch der Weg, der den Menschen in Niedersachsen Vertrauen und Sicherheit vermittelt. Vertrauen und Sicherheit in der Gegenwart, Vertrauen und Sicherheit aber auch bezogen auf eine gute Zukunft. Für dieses Ziel arbeiten wir hart und wissen uns dabei mit der Mehrheit des Landtages in völligem Einvernehmen.

Anrede,

in wenigen Wochen werden wir in Niedersachsen ein Jubiläum feiern können. Der 70-gste Jahrestag der Gründung unseres Landes Niedersachsen steht an. Ich habe den Eindruck, der Jubilar befindet sich in einer bemerkenswert guten Verfassung. Niedersachsen ist stark, Niedersachsen hat Zukunft und Niedersachsen steht zusammen.

Es ist klar, vor uns stehen nicht wenige Herausforderungen. Aber ebenso klar ist für mich: Niedersachsen kommt gut voran, mit Optimismus und Tatkraft. Unser Kurs ist richtig.


Presseinformationen
Regierungserklärung - Sicherheit durch innere Stärke

  Regierungserklärung - Sicherheit durch innere Stärke, 17.08.2016

Regierungserklärung - Sicherheit durch innere Stärke, 17.08.2016

 

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.08.2016

Ansprechpartner/in:
Pressestelle der Niedersächsischen Landesregierung

Nds. Staatskanzlei
Planckstraße 2
30169 Hannover
Tel: 0511/120-6946
Fax: 0511/120-6833

http://www.niedersachsen.de

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln