Landesregierung gibt umfassende Reform des Niedersächsischen Schulgesetzes in die Verbandsbeteiligung: Mehr Freiräume, Wahlmöglichkeiten und gelebte Demokratie für Schulen
In ihrer (heutigen) Kabinettssitzung hat die Landesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes zugestimmt und zur Verbandsbeteiligung freigegeben. Der Entwurf wird jetzt dem Landtag zur Kenntnis vorgelegt und den Verbänden zur Stellungnahme zugesendet.
Die wichtigsten Änderungsvorschläge
Mehr Demokratie an Schulen
- Für alle Schulbereiche und für alle Schulformen soll die Wahl der Klassenvertretung verbindlich gemacht werden. Damit soll festgelegt werden, dass an Grundschulen und Förderschulen künftig Schülervertretungen gewählt werden müssen. Auch soll festgelegt werden, dass die Klassenschülerschaft den Klassenrat bildet.
Mehr Freiräume an Schulen
- Grundschulen soll künftig ermöglicht werden, die Schuljahrgänge 1 bis 4 als pädagogische Einheit zu führen.
- Die Oberschule soll mehr Spielräume erhalten, den Unterricht stärker jahrgangsbezogen zu gestalten und so die Durchlässigkeit der Bildungswege zu erhöhen. Schulträger sollen die Möglichkeit bekommen, aus einer bestehenden Oberschule bei ausreichenden Schülerzahlen eine integrierte Gesamtschule in einem Zug zu errichten. So müssen nicht zwei parallele Systeme (aufsteigende Gesamtschule und auslaufende Oberschule) organisiert werden.
- Die bereits eingeleitete und ab dem Schuljahr 2027/2028 gültige Reform der gymnasialen Oberstufe soll im Schulgesetz verankert werden. Um den Schülerinnen und Schülern eine individuelle Profilbildung zu ermöglichen, sollen in der Qualifikationsphase die bisher vorgegebenen Schwerpunkte mit ihren festgelegten Fachkombinationen aufgehoben werden. Die Schülerinnen und Schüler sollen damit mehr Freiraum für die Kurswahl abhängig von ihren individuellen Interessen bekommen.
Weitere Änderungen
- Das Fach Werte und Normen soll auch im Primarbereich verbindlich eingeführt werden.
- Die Berufliche Orientierung soll auch an den Berufsbildenden Schulen als Aufgabe festgeschrieben und die Zusammenarbeit zwischen den Schulformen gestärkt werden.
- Durch eine schriftlich fixierte engere Zusammenarbeit mit den Jugendberufsagenturen soll verhindert werden, dass künftig Schülerinnen und Schüler durch das Raster fallen, weil der Datenaustausch nicht möglich ist.
- Änderungen bei der Förderschule sollen unter anderem bewirken, dass künftig nur Schülerinnen und Schüler mit einem festgestellten Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung Förderschulen mit dem entsprechenden Förderschwerpunkt besuchen können.
- Der Distanzunterricht soll ebenfalls eine gesetzliche Grundlage im Niedersächsischen Schulgesetz bekommen. Die Beschulung in Präsenz ist der Regelfall. Die Schulen sollen in bestimmten Situationen die Befugnis erhalten Distanzunterricht anzuordnen. Das würde insbesondere Fälle betreffen, in denen der Schulbesuch in Präsenz objektiv unmöglich ist (zum Beispiel bei Gefahrenlagen wie Gebäudesicherheit nach einem Feuer). Darüber hinaus soll es möglich sein, in Abstimmung mit dem Schulvorstand Distanzunterricht aus pädagogischen oder organisatorischen Gründen zu erteilen. Damit sollen Schulen Freiräume für die Weiterentwicklung innovativer Unterrichtsformate erhalten.
- Um unterschiedlichen Beeinträchtigungen wie einer Lese-Rechtschreibstörung oder einer Dyskalkulie bei der Leistungsbewertung Rechnung zu tragen, sollen klare Regelungen zum Nachteilsausgleich und zum Notenschutz im Gesetz aufgenommen werden. Der Nachteilsausgleich dient der Sicherstellung von Chancengleichheit, indem er allen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit eröffnet, ihre Leistungen – z.B. durch angepasste Prüfungsbedingungen – zu zeigen. Beim Notenschutz soll bei bestimmten Beeinträchtigungen von einem allgemeinen Leistungsmaßstab abgewichen werden können, indem beispielsweise auf die Bewertung der Rechtschreibung verzichtet wird.
- Kleine Schulen sollen entlastet werden, indem künftig bei weniger als acht Lehrkräften die Aufgaben des Schulvorstandes durch die Gesamtkonferenz wahrgenommen werden können.
- Schulen in freier Trägerschaft, die Schülerinnen und Schüler im Primarbereich unterrichten, sollen für den Ausbau der Ganztagsschule einen pauschalen Zuschuss zur Finanzhilfe erhalten. Dieser soll ab dem 1. August 2026 aufsteigend gewährt werden.
- Im Schulgesetz soll auch die Einführung einer bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung (Pflegefachassistenzgesetz) festgehalten werden, die am 1. Januar 2027 in Kraft treten soll.
- Die Fachschulen Sozial- und Heilpädagogik sollen hinsichtlich der Erteilung von Religionsunterricht anderen Fachschulen gleichgestellt werden.
Kultusministerin Julia Willie Hamburg betont: „Mit dem neuen Schulgesetz geben wir Schulen zusätzliche Freiräume, stärken die Demokratie an unseren Schulen und sichern, dass künftig kein Kind mehr aufgrund von mangelndem Datenaustausch durch das Netz fällt. Wir wollen gute und gerechte Bildung weiter ausbauen und unsere Schulen nachhaltig stärken. Mit dem Einstieg in das Anhörungsverfahren bieten wir jetzt allen Interessierten und Beteiligten an Schule und Bildung in Niedersachsen die Möglichkeit, gemeinsam mit uns über die vorliegenden Ideen zu diskutieren. Ich freue mich auf gute, zielführende Impulse vor allem aus der Schulpraxis, um am Ende ein zukunftsweisendes Schulgesetz zu formen.“
Bei Fragen zu dieser Kabinetts-Presseinformation wenden Sie sich bitte an das zuständige Ministerium: pressestelle@mk.niedersachsen.de
Artikel-Informationen
erstellt am:
07.10.2025
Ansprechpartner/in:
Pressestelle der Niedersächsischen Landesregierung
Nds. Staatskanzlei
Planckstraße 2
30169 Hannover
Tel: 0511/120-6946